Donnerstag, 10. August 2017

Tag 50: Kein blaues Blut, aber Saft schwarz wie die Seele

Als ich am Morgen im Hotel in Steinhaus zum Frühstück gehen will, finde ich vor meiner Zimmertür noch eine Nachricht von Lena und Christoph, die mir alles Gute für meinen weiteren Weg wünschen.
Das ist ja nett ! - Jetzt haben sie den Spieß umgedreht: Eigentlich hatte ich Ihnen ja eine Nachricht hinterlassen wollen. Die beiden schlafen heute natürlich ordentlich aus, da sie ja noch eine weitere Nacht hier bleiben werden.


Ich mache mich dagegen nach dem Frühstück auf den Weg in Richtung Ober-Luttach. Abwechselnd führen Rad- und/oder Fußwege orographisch links talauswärts, wobei die Hauptstraße auf der anderen Flußseite verläuft. Der Weg geht auch etwas auf und ab und dadurch, daß er meist nicht direkt am Fluß entlang geht, wirkt die Straße (mit dem eben nicht zu hörenden Lärm) unendlich weit weg.


In Ober-Luttach quere ich dann die Hauptstraße, denn hier führt mein Weg ins Weißenbachtal nach Westen und ordentlich bergauf, während das Ahrntal selbst eine Kurve macht und nach Süden auf das Pustertal zuläuft.

Der markierte Weg ist in Wirklichkeit eine Asphaltstraße mit Kreuzweg-Stationen, die fast ohne Kurven am Fluß entlang schweißtreibend an Höhe gewinnt. Vermutlich ist es die frühere Straße, die durch eine mit etlichen Serpentinen und somit geringerer Steigung etwas nördlich ersetzt wurde.

Bei den Gröberhöfen mündet meine verkehrsfreie Straße allerdings auf die Hauptstraße. Alternativen sind nicht in Sicht, also gehe ich nun bei gemäßigter Steigung in der Sonne bis Weißenbach auf gut 1.300 Metern, durch den Ort hindurch und weiter bis kurz vor dem Wanderparkplatz am Ende der offiziellen Straße.

Am Fluß sind zwischenzeitlich einige Picknick- bzw. Spielplätze gewesen, die sehr gut besucht sind, wobei ich unter 30 Autos nur ein deutsches erkenne - ja, ja, die Italiener und ihre Picknick-Kultur.

In einer Sport-Bar kehre ich völlig verschwitzt bei der Hitze auf einen Snack und einige Getränke ein.
Auf die Frage nach verfügbaren Säften, höre ich dann ganz etwas anderes: Schwarzbeersaft - die Bodenkontrolle muß ich später erstmal über die Äquivalenz zu ihr vertrauten Bezeichnungen aufklären. Der Oma zu Hause brauche ich da aber nichts zu erzählen ...

Jedenfalls muß ich nicht lange überlegen und nach dem ersten 0,4 Gläschen mit Wasser und Eiswürfeln bestelle ich gleich zwei weitere Gläser auf ein Mal. Ein Traum !

Nun stehen mir noch 1.000 weitere Aufstiegsmeter bis zur Chemnitzer Hütte auf dem Nevesjoch bevor. Teilweise führt der Weg durch den Wald und/oder am Trattenbach entlang, was die Hitze etwas erträglicher macht. Der Fußweg kürz immer mal Serpentinen der Fahrstraße zu den Almen ab.

Am Ende der Schotterstraße an der Gögealm, kehre ich nochmal auf zwei Apfelsaft mit Wasser ein, bevor es an die 400 Höhenmeter Schlußanstieg geht. Mit der Wirtin und der Tochter habe ich mich zuvor noch etwas unterhalten, denn sonst sind gerade keine Gäste mehr da, weil es ja bereits später Nachmittag ist.

Die Begrüßung durch den Südtiroler Wirt auf der Chemnitzer Hütte fällt mit Handschlag und extrem herzlich aus. Da fühlt man sich gleich willkommen. Einen weiteren Stein im Brett habe ich wohl, weil ein guter Freund der Familie Pastor ist und Kay heißt.

Auf Grund der Tatsache, daß ich keinen Alkohol trinke, zaubert der Chef dann ein ganz besonderes Tröpfchen aus dem Schrank. Seine 82-jährige Mutter und die Schwester waren sehr fleißig, aber mangels Ergiebigkeit, sind jetzt nur mehr 2 Flaschen übrig und die angefangene darf heute geleert werden.

Oaaaah, Schwarzbeersaft mit Wasser ! - Bisher NIE bekommen und nun gleich zwei Mal an einem Tag.
Die Flasche ist gleich geleert und als später die Wirtin jemand anderem noch etwas des Saftes anbieten will, legt der Chef gleich sein Veto ein: Heute wird keine neue Flasche davon geöffnet.

Später lerne ich dann Christoph und Jaqueline kennen, die ihre Schweizer Herkunft (Züricher Gegend) zwar verbal nicht verbergen können, aber seit vielen Jahren in den Staaten leben. Sie lehrt Geologie an der University of Iowa und ist mit einer Kollegin und zwei Studenten hier auf Exkursion. Insgesamt fünf Tage sind sie auf der Hütte und schwärmen immer zu den Moränen am Großen Möseler aus, um Gesteine und Mineralien zu (unter)suchen. Es war super nett, mit den beiden zu quatschen und für weitere Unterhaltung sorgt dann noch ein Einheimischer, der leicht beschädigte Quetsche sehr gekonnt malträtiert, während der Rest der Hütte speist.
Das Essen ist sehr gut - es gibt Variationen von Halbpension - und der Musiker bemüht sich, aus jedem Land der Anwesenden irgendetwas zu spielen. Bei der Schweiz überlegt er lange und schließlich muß ich schmunzeln: Heidi :-)


Ein Wiener und ein Südtiroler, die sich mit mir das Lager teilen, wollen morgen noch vor Sonnenaufgang zum Möseler-Gipfel aufsteigen und dann weiter zur Edelrauthütte. Laut deren Wettervorhersage soll die Kaltfront hier wohl schon in der Nacht zum Sonntag kommen und der Wiener legt mir dringlich ans Herz, doch nicht nur Halbtagestour zur 2016 neu gebauten Edelrauthütte zu unternehmen, sondern noch weiter über den Gliederferner bis zur Hochfeilerhütte zu gehen.

Nun, wir werden sehen, wie das Wetter morgen aussieht (gerade geht in der Nähe die Welt unter) und wie ich beieinander bin ...



Begegnungen:
Hüttenwirt
Jaqueline, Christoph, Kollegin und zwei Studenten (aus USA)
Wiener und Südtiroler


2.000er:
Nevesjoch, 2.407

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