Freitag, 7. Juli 2017

Tag 19: Gratwanderung in die Skiabfahrt

Der 08er-Weitwanderweg würde das Tal hinaus gen Nordwesten führen, ich auf dem Zentralalpenweg muß aber erstmal ca. 1,5 km gen Süden den Weg zurück gehen, den ich gestern zur Bergerhube abgestiegen war.

Das Wetter schaut nicht so gut aus, wie der gestrige Abend und auch die steirische Wettervorhersage versprach: Wie in den Vortagen hängen dicke, dunkle Wolken am Himmel, aber wenigstens ist es trocken.


Den Mödringbach entlang geht es in den Bereich der verlassenen Mödringalm (viele Almen werden ja nicht mehr bewirtschaftet - u.a. schreckt die harte körperliche Arbeit, wie man hört) und dann immer weiter über einen Steig bergauf.

Der erste 2.000er meiner Tour ist dann kein Gipfel, sondern der Übergang am Knaudachtörl mit 2.009 Metern - die ersten gut 800 Aufstiegsmeter seit der Bergerhube liegen hinter mir und die ersten Gämsen sind auch schon von weitem geflüchtet.

Dann geht es erstmals über Blockwerk, recht anstrengend und teils weglos auf und ab hinüber zum Triebener Törl, anschließend folgt der Aufstieg auf den ersten Gipfel jenseits der 2.000-Meter-Marke und der hat es gleich in sich, denn in ausgesetzter Lage sind einige Absätze zu überwinden, bevor der Sonntagskogel erreicht ist.


Das Wetter entspricht nun eher den Erwartung und macht Hoffnung für die morgige Königsetappe des Zentralalpenwegs: Sonne mit ein paar Quellwolken.
Einfach traumhafte Bedingungen.


Der Übergang zum Geierkogel ist kein großes Hindernis und dann folgt der lange Abstieg gen Norden hinab gen Hohentauern, ca. 1.000 Hm werden dabei verbrannt und die Hälfte davon sehr anstrengend im örtlichen Skigebiet.
Wie einfach es doch im Winter ist, eine rote Piste (Kurven- und Kräfte-sparend, wie böse Zungen meinen Fahrstil kommentieren würden) im Winter hinab zu kommen. Im Sommer dagegen ist das richtig harte Arbeit 500 Hm über steile Pisten und durch den reichlich grünen Bewuchs abzusteigen.

Zu allem Überfluß hat das Restaurant des Sportzentrums Moscher im Tal am Fuß der Lifte geschlossen - dabei hatte ich mich schon so aus etwas zu Trinken (mit Geschmack gefreut).
Eine Bank zum Pausieren ist auch weit und breit nicht zu sehen, so daß ich mich Wohl oder Übel auf dem weiterführenden Schotterweg zur Rast niederlasse.

Denn nun heißt es wieder 500 Hm bis zum Tagesziel Edelrautehütte durch den Wald aufzusteigen. Die Schnaken haben jetzt am frühen Abend Hochsaison und so ist an Stehenbleiben kaum zu denken.

Nach einem langen Tag mit 10,5 h Gehzeit erreiche ich erst um 18:30 Uhr die nette Hütte.

Interessanterweise ist diese Hütte Mitte der 1920er Jahre als Ersatzbau für die Edelrauthütte der Austria-Sektion in den Zillertaler Alpen gebaut worden, die in der Folge des 1. Weltkriegs verloren ging - der italienische Staat hatte ja alle Berghütten in Südtirol enteignet und nie wieder zurück gegeben.
Heute werden diese Hütten als Teil der Autonomie Südtirols direkt aus Bozen verwaltet. Die Alpenvereinssektionen sind dort selbst nur Pächter.

Wenn alles klappt, werde ich übrigens gut 4 Wanderwochen (Zeit und 560 Kilometer sind ca. München-Venedig entsprechend, aber mit 32.000 rund 1,5-fache Aufstiegsmeter) von der steirischen Edelrautehütte zur südtiroler Vorgängerhütte haben, denn die unlängst komplett umgebaute Hütte will ich mir im Vergleich zur Männertour 2012 mal wieder ansehen. Die Chefin hier zaubert auch gleich noch eine Ansichtskarte von Much Weissteiner von der Edelrauthütte hervor.

Vor dem Zu-Bett-Gehen heißt es nun noch den optimalen Kompromiß zwischen Stärkung am Abend, erholsamer Schlafpause nach einer langen Etappe und möglichst frühem Start für die ganz lange Etappe am nächsten Tag zu finden.
Gar nicht so einfach.

Ich gehe letztlich gegen 20:30 Uhr ins Bett und plane gegen 4:50 am nächsten Tag aufzustehen. Ein weiterer Wanderer (mit kleinerem Rucksack) teilt sich das Lager mit mir, aber er war lange vor mir im Bett und am nächsten Morgen bereits lange weg, wie die Wirtin sagte, wird er bis zur Planneralm durchgehen (das sind typischerweise 14-16 Stunden reine Gehzeit).

Ich habe mir nicht ganz so viel vorgenommen, aber früh los muß ich trotzdem.
Mit der Chefin stimme ich deshalb ein Thermofrühstück ab und bekomme alles was das Herz begehrt (echt super !) bereit gestellt, nachdem ich gefühlt 100 Fragen beantwortet habe:
Kaffee ?
Tee mit Milch. 1 Liter Milch.
Butter, Marmelade ?
OK.
Käse ?
Nein.
Wurst ?
Ja.
Joghurt ?
Ja.
Ah, und Müsli natürlich.
Nein !
Ok, dann mit Honig.
Nein, nein !
Apfel ?
Nö.
Bananen ?
Oh, gerne.
1 oder 2 ?
1 genügt.

Die Wirtin führt mich dann noch in die Küche, zeigt mir, wo ich im Kühlraum mein Essen finde, wo gedeckt sein wird und welcher Hahn der Zapfanlage das Trinkwasser spendet. Sie versucht auch noch auf der Schwabergeralm jemanden zu erreichen, da ich den ganzen Tag kein Glück hatte, jedoch vergebens. Aber ich könne getrost los gehen, es sei garantiert jemand da. Dafür erhalte ich noch die Handynummern der Bauern und schicke abends bei etwas Empfang oben im Lager noch SMS.

Wirklich klasse Service und viel Engagement auch und gerade für frühaufstehende Weitwanderer !

Am nächsten Morgen beim Aufstehen werde ich dann auch positive Rückantwort von dort erhalten haben und kann beruhigt in den Tag gehen.


Begegnungen:
5 (einzelne Gämsen)
1 Murmeltier (akkustisch)
1 Kröte


2000er:
Knaudachtörl, 2.009
Sonntagskogel, 2.229
Geierkogel, 2.231

1 Kommentar:

  1. Ein bisserl Infomaterial wollt' i no nachreichen :)

    https://www.berglust.at/am-weg-des-buches-durch-die-nockberge

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