Genug gefaulenzt !
Nach dem Frühstück gilt es, Abschied zu nehmen von Stein und den Aufstieg gen Pfitscher Joch in Angriff zu nehmen.
In der Nähe der vierten Kehre muß ich mich entscheiden, welchen der drei möglichen Wege zum Joch ich gehen möchte. Nehmen wir doch den Mittelweg - also ab über die Jochplatte.
Am See (heute ohne Schwimm-Enten oder Schwimm-Schweizer und auch völlig eis(schollen)frei) unterhalb der Hütte geht es vorbei direkt zur Grenze. Kurz nach dem Grenzstein zweigt der 528er-Weg in Richtung Olperer Hütte ab, den ich erstmal gehe. Prompt kommen mir bereits nach kurzer Zeit immer wieder Grüppchen von München-Venedig-Wanderern entgegen.
Der Weg zieht sich wie 2008 in die andere Richtung. Nach dem Passieren des Ameiskopfs und noch oberhalb des Unterschrammachkars kommt eine Abzweigung: Rechts geht es hinab ins Kar und gen Olperer Hütte. Geradeaus ist mein heutiges Tagesziel, die Geraer Hütte, über die Alpeiner Scharte als Weg 502 ausgeschildert.
Komisch. Ich dachte, der obere Weg wäre bereits vor Jahren gesperrt und aufgelassen worden, aber gut, umso besser, spare ich mir den Abstieg ins Unterschrammachkar und den Wiederaufstieg ein paar Meter weiter.
Der Weg ist super markiert und die Zeitangabe bis hoch zur Alpeiner Scharte scheint an Hand der Höhenmeter realistisch.
Nachdem der Weg eine Weile am Hang entlang ging, sehe ich zwei tiefe Schutt-Erd-Erosions-Rinnen direkt voraus. Aha, der Weg ist im rechten Winkel zum Weg, parallel zur ersten Rinne nach oben markiert. Ich steige also steil aufwärts und als sich die Markierungen verlieren, suche ich eine potentielle Querung der ersten Rinne oder auch nur irgendeine Markierung.
Mmmh, irgendwie verliert sich hier der Weg. Jenseits der zweiten Rinne sehe ich deutlich tiefer weitere Markierungen, also langsam und vorsichtig die Flanken der ca. 5 Meter tiefen Rinnen aus bröselnder Erde, rutschenden Steinen/Felsblöcken und Resten von Schnee/Eis queren.
In jedem Fall deutlich angenehmer als die Seitenmoräne des Gliederferners ein paar Tage vorher ...
Zurück auf dem markierten Weg und weiter um die nächste Ecke, treffe ich einen Vater mit seinem Sohn aus den Niederlanden. Seit dem Pfitscher Joch hatte ich immer zwei Leute vor mir hergehen sehen, bin weder näher gekommen, noch weiter entfernt gewesen, aber das war ein Paar gewesen. Außerdem kommen die beiden von der Alpeiner Scharte herunter und kommen mir somit entgegen.
Wir tauschen uns über die Wegverhältnisse aus, aber ihre Schilderung bzgl. des Aufstiegs kann ich später nicht ganz nachvollziehen.
Die Stelle, wo der 2007er Weg von der Olperer Hütte herauf kommt, ist von oben eigentlich nicht erkennbar. Ich hatte zwar sogar noch die Kehren im Grashang gesehen, aber die Kreuzung ist nicht zu sehen.
Am Vortag in Stein hatte ein junges Pärchen auf Venedig-Tour (und ohne jedwede Orientierungsinstrumente - ja, ja, der Rother-Führer genügt ...) von ihrem Streit wegen ihrer kapitalen Verirrung berichtet: Sie hatten wohl den Verstand abgeschaltet und waren vom Höhenweg Olperer Hütte - Pfitscher-Joch-Haus nach rechts abgebogen und ewig, steil aufgestiegen, bis Entgegenkommende sie auf dem Weg zur Alpeiner Scharte (2.959 Meter) bremsten und sie den Weg mit den Rinnen gingen, den ich heute in die andere Richtung gegangen war.
Man kann sich die textuellen Beschreibungen eines Führers schon so zurechtlegen, daß sie zum Weg passen oder sie sind halt einfach passend durch mangelnde Spezifizität. Ein Kompaß oder ein Höhenmesser oder eine Landkarte oder ein GPS oder Lesen der Wegweiser oder grobes Orientierungsgefühl können schon ergänzend sehr hilfreich sein.
Die Wolken sind mittlerweile recht finster und der Wind hat im Aufstieg aufgefrischt, aber da die Scharte etwas verwinkelt liegt, ist es ausgerechnet dort, am (bisher) höchsten Übergang auf 2.959 Metern windstill.
Für den Abstieg über Bröselgestein und dann Felsbrocken brauche ich deutlich länger als angegeben, was aber auch mit Fotos vom Nazi-Molybdänbergwerk auf 2.800 Metern und vor allen Dingen der Beobachtung von 10 Steinböcken etwas tiefer zusammenhängen kann.
Viel Gras gibt es hier im Moränengelände zwischen den Felsbrocken nicht und das Kar wirkt auch recht eingekesselt, aber der Wirtin ist die Gruppe bekannt. Eigentlich sind es wohl 11 Stück, die sich hier immer mal herum treiben, auch wenn die Wirtin sie von der Hütte aus schon eine Weile nicht mehr gesehen hat.
Durch Zufall bekomme ich noch mit, daß ich, die beiden Holländer, die verpeilten Deutschen vom Vortag und in den letzten vier Wochen noch jede Menge anderer Leute wohl gesperrten Weg gegangen sind: Daß der obere Weg zwischen Ameiskopf und Alpeiner Aufstieg auch seit 2007 bereits zu ist (wie der alte Weg zwischen Biwakschachtel und Riepenkopf) bezweifle ich allerdings etwas - auch wenn die Wirtin das steif und fest behauptet.
2011 hätte ich ungesehen geglaubt, da ich damals mit den Coburger Jungs hier abgestiegen war.
Definitiv ist aus meiner Sicht die Markierung nicht mehr als 10 Jahre alt, der Wegweiser zeigt von Süden eindeutig auf den alten Weg, von Norden kommend kann man den Weg zum Unterschrammachkar kaum finden, der Weg ist NICHT mit 50cm hohen Steinmauern abgesperrt und im Gegensatz zur grauen Übermalung der Markierungen gen Ripengrat sind alle Markierungen offen und es existieren überhaupt Markierungen, denn wie soll ein Unwissender abwärts Weg zur Olperer Hütte finden ...
Wer weiß, was die ARGE Zillertal, die im Auftrag der Landshuter die Wege bauen/markieren, da gemacht hat. Denn solch einen Aufwand betreibt bestimmt kein einzelner Wanderer. Der geht evtl. einfach gesperrten Weg, wird aber nicht so viel Zeit und Energie in weitere Maßnahmen investieren.
Vier Wochen jammern und schimpfen hilft nix: Entweder selbst losgehen, Landshuter Sektion informieren und ggf. ARGE beauftragen, sonst wird sich da nichts ändern.
Jedenfalls bin ich nun endgültig wieder in einem Land mit ordentlichen Gläsern:
Begegnungen:
2 Teile einer Weidener Großgruppe
Vater + Sohn (Niederländer)
4 Murmeltiere
10 Steinböcke
5 Südtiroler (auf der Hütte)
2.000er:
Pfitscher Joch, 2.248
Alpeiner Scharte, 2.959
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen