Während ich im Pickup ins Tal gebracht werde, liegt ja eher der Titel "Achterbahn ins Waterloo" nahe (mit "Achterbahn nach Ferlach", siehe Ferlach beim Project-82 in 2014 hätten ja schließlich nur die Erfahrenen unter den Lesern etwas anfangen können).
Aber bis es zu diesen Gedanken und damit verbundenen Mordgelüsten kommt, müßt Ihr Euch schon noch 9 1/4 Stunden gedulden.
Also von Anfang an:
Nachdem gestern alles so geschmeidig lief, begann heute schon beim deutlich früher möglichen Frühstück das erste Problemchen: Die spannenden Erzählungen des Chefs über seine Kämpfe mit der Bürokratie, nachdem der Pfarrer mit Gebet die Feuerwehrler auf ihre weitere Pilger-Reise gen Mariazell geschickt hatte. Aber gut, am Ende sollte sich herausstellen, daß diese halbe Stunde nicht entscheidend sein sollte.
Der Weg hatte es heute in sich und das Auf und Ab wie auf einer Achterbahn begann bereits beim ersten Steilanstieg zum Hochschlag-Gipfel nach kurzem Eingehen nach dem Frühstück.
Teilweise war der Weg so steil, daß ich die Füße nicht mehr gerade setzen konnte, sondern seitwärts nach oben kraxeln mußte.
Am ersten Gipfel des Tages zu früher Stunde bereits reichlich verschwitzt, aber eine Pause mit Eintrag ins Gipfelbuch und ein paar Fotos gemacht.
Weiter ging es dann über den nächsten Hügel und hinab zur Hofbaueralm. Dort mit einer Gruppe ins Gespräch gekommen und nochmal pausiert, auch wenn ich das Bier-Angebot ausschlagen mußte. Sehr nette Leute hier am Weg !
Den ganzen Tag über ging es dann hoch und runter und hoch und runter, letztlich sollte ich bis zum Ottokar-Kernstock-Haus mehr als 1.500 Aufstiegsmetern auf kleinsten Wegen, teilweise fein säuberlich freigemäht in den Beinen haben. Das eigentliche Problem sollte aber ein anderes sein, denn auch dem aufziehenden Regen war ich wieder davon gelaufen und so erreichten mich im schweißtreibenden Schlußanstieg auf das Rennfeld nur einzelne Tropfen.
Vom Schlußspurt zur Hütte, um Sturm und Regen zu entkommen, und den 8 Stunden Gehzeit bei 1.500 Aufstiegsmetern gezeichnet, freute ich mich kurz nach 17 Uhr die Schutzhütte der örtlichen ÖAV-Sektion Bruck an der Mur gerade noch rechtzeitig erreicht zu haben, bevor es draußen ganz ungemütlich wurde.
Der Hüttenwirt schaute mich an, als wäre ich vom anderen Stern. Was ich denn hier jetzt wolle. Nun, die Bodenkontrolle hatte mich am Vortag ja bereits gewarnt, im Netz finden sich wohl einige Meldungen über den unfreundlichen Hüttenwirt, aber gut, ich wollte ihn ja auch nicht heiraten, sondern ein Dach über dem Kopf, irgendwas zu Trinken und irgendwas zu Essen. Da könnte ja nicht viel schiefgehen, dachte ich mir in meinem nicht mehr ganz so jugendlichen Leichtsinn.
Nun, nach mehreren 1.000 (Weit-)Wander-Kilometern durch alle 8 Alpennationen, sollte ich hier und heute eines besseren belehrt werden.
In dreißig Minuten sperrt er die Hütte zu und ich könne sehen, wo ich bleibe, auf der Hütte jedenfalls nicht, denn er habe sich das jetzt bereits so eingeteilt.
Ein Verweis auf AV-Schutzhütte, Kategorie I verhallt. Kompromißvorschläge wie alleine auf Hütte schlafen, Winterraum/Schuppen oder ähnliches werden abgewiesen. Das einzige, was er mir anbieten könnte, wäre die Mitfahrt ins Tal.
Ich war erstmal bedient. So etwas war mir noch nie passiert und eine echte Notwendigkeit war definitiv auch nicht gegeben, denn um den Koch am nächsten Morgen um 8:00 Uhr im Tal abzuholen, wäre eine Fahrt am Abend definitiv NICHT notwendig gewesen.
Richtig lustig wurde es, als 10 Minuten später aus dem Regen noch ein leicht ausgerüsteter Österreicher in die Hütte kam, der schon 40 km seit der Stanglalm in den Beinen hatte und auch ein Lager will.
Der Wirt ist reichlich perplex: 2 potentielle Gäste.
In seiner verbohrten Einstellung ändert das aber nix. Er wirft uns halt beide raus.
Auf der Fahrt ins Tal macht mir der Wirt klar, daß ihm Übernachtungsgäste unter der Woche zuwider sind, er von den Tagesgästen, die von vier Seiten zu ihm hochkommen sehr gut leben kann. Seine Inkompetenz bzw. Unwissenheit beweist er dann noch, als er meint Pilgern boome, Fernwandern ja nicht.
Er möge sich mal die überfüllten Routen wie München-Venedig, Oberstdorf-Meran, TMB oder ähnliche ansehen. Nun, der 02er ist sicherlich ein anderes Kaliber und seine Hütte ist auch nur an einer Variante, aber wenn man auch alles dafür tut, daß keiner mehr kommt ...
Im Tal wirft er mich gegen 19:00 Uhr an der Jufa raus, denn hier bekomme ich GARANTIERT noch ein Zimmer und DEFINITIV noch etwas zu Essen.
Die nächste Ernüchterung an der Rezeption: Kein Zimmer. Keine Besenkammer. Nix mehr frei. Drei Schulklassen vor Ort, alles voll.
Daß der Tag noch ein gutes Ende nimmt, ist dann einzig und allein meinen Helden des Tages zu verdanken: Frau Zink und Martin.
Frau Zink startet eine Telefonaktion, um mir irgendwo noch ein freies Zimmer zu organisieren und achtet sogar selbstständig noch darauf, daß ich am nächsten Tag von dort gut gen Hochanger-Schutzhaus komme und es kein Luxushotel ist.
Von den Männern am Tresen, bietet Martin, der meine mißliche Lage mitbekommen hat, spontan an, mich überall hinzufahren, wo die Dame mich auch unterbringt.
Erste Anrufe sind vergeblich, aber da es mir auch nichts ausmacht, in einer Norweger-Hütte am Zeltplatz hinterm dem Gasthof Pichler mit Frühstück und Dusche über die Wiese zu übernachten, ist eine Unterkunft gefunden.
Wie versprochen fährt mich Martin hin und geht sogar noch mit rein, um sicher zu gehen, daß ich WIRKLICH unterkomme.
Die Hütte ist klasse, die Sanitäranlagen prima und im Gasthof gibt es die beste (Steinofen-)Pizza, die ich seit Jahren gegessen habe.
Vielen herzlichen Dank an Frau Zink und Martin !!!
Ein mal mehr hat sich bewiesen: The trail provides.
Begegnungen:
2 Hasen
1 Reh
Nette Gruppe an der Alm
Unmöglicher Hüttenwirt Gerald
1 schneller Einheimischer (40 km)
2 Trail Angel (Fr. Zink + Martin)
Na bumm!
AntwortenLöschenWäre Bruck doch eine Option gewesen.
Hallo Volker.
LöschenJa, das war mir auf der Fahrt ins Tal und während des Bangens danach auch durch den Kopf gegangen.
Aber SO ETWAS konnte ja keiner ahnen !
Cu K2.