Aus den Reihen des Alpenvereins-Bautrupp aus Hannover/Göttingen, die eine neue Sicherung an meinem heutigen Wegabschnitt anbringen wollen, verlautet noch, der Regen habe aufgehört, aber nach ein paar Minuten unterwegs ziehe ich doch Regenhose und Anorak an.
Unter der Ankogelseilbahn geht es gen Westen und auch die beiden Schlepplifte für den Winterbetrieb werden gequert. Die drei Wiener sind ein paar Minuten nach mir auf einem anderen Pfad losgegangen, aber nach kurzer Zeit kommen die Wege zusammen.
Nach zwei Stunden habe ich die Baustelle noch mit der alten Sicherung erreicht. Bis hier hin die schweren Anker, das Stahlseil und das Werkzeug zu schleppen (und letzteres jeden Tag wieder zurück) ist schon eine Heidenarbeit für die beiden Männer und die Geschwister aus dem Nachwuchsbereich. Das nasse Wetter ist natürlich auch nicht sehr motivierend und für das verwendete Bindematerial müssen die Bohrlöcher noch dazu absolut trocken sein, um optimales Abbinden zu gewährleisten.
Gut, daß es die ehrenamtlichen Helfer der Sektionen gibt, die sich um Wegebau und vor allen Dingen Pflege und Erhaltung kümmern !
Bereits eine Stunde nach meinem Start - ich habe den Anorak mal wieder weggepackt, weil es nicht mehr regnet - kommt mir ein einsamer Wanderer dick eingepackt entgegen. Er ist doch tatsächlich aus dem Nachbartal über Scharte aufgestiegen und will heute noch auf den Ankogel.
Übrigens eine Wiege des Alpinismus: Der erste vergletscherte 3.000er der Alpen der nachweislich bereits im 17. Jahrhundert bestiegen wurde. Interessanterweise ist er Namens-gebend für die Ankogel-Gebirgsgruppe, obwohl er nicht der höchste Gipfel in selbiger ist.
Ich folge dem Göttinger Höhenweg über das Lucketörl und nach etwas mehr als drei Stunden erreiche ich die Mindener Hütte. Eine mit zwei Lagern, Vorraum und Küche/Aufenthaltsraum ausgestattete Selbstversorgerhütte. Wasser gibt es unweit der Hütte, über eine Solaranlage wird die Hütte mit Strom für Licht versorgt, ein Gaskocher ist vorhanden und laut Führer soll es sogar ein Notfall-Satelliten-Telefon geben.
Die fünf Münchner Jungs, die hier genächtigt haben, machen sich gerade gegen 11 Uhr abmarschbereit.
Ich verweile eine ganze Zeit, da erstmals heute die Sonne kurz rauskommt und nach zwei Mal Anorak an und später wieder aus, bleibt es nun für den Rest des Tages trocken. Kurz vorher habe ich auch den Tauerntunnel der Bahn (über 100 Jahre alt !) überschritten - diesmal allerdings ohne sichtbare Zeichen an der Oberfläche (im Gegensatz zu den Entlüftungstürmen des Autobahn-Tauern-Tunnels vor ein paar Tagen).
Auch mit drei Bremer Jungs, die von der Hagener Hütte gerade vorbeikommen und rasten, plaudere ich noch ein wenig. Nach 45 Minuten Pause wird es höchste Zeit, wieder weiter zu gehen. Was mich nur wundert: Sebastian, Gert und Peter habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Ich hätte zumindest erwartet, daß sie mich hier bei meiner langen Pause einholen.
Über Blockwerk geht der Weg weiter gen Nordwesten und nun gilt es ein Kar komplett auszugehen: Unterhalb der Woisgenscharte wechselt nun nicht nur die Wege-Zuständigkeit zum DAV Hagen, sondern auch die Wegenummer: Aus 502 wird 102, denn nun bin ich in der Goldberggruppe und es geht in südliche Richtung über einen schmalen Steig in steilem Wiesengelände unter der Romatenspitz hindurch.
Hier gibt es bei Altschneeresten im Frühsommer öfter mal Tote oder Schwerverletzte, denn ohne Steigeisen ist die Querung unter solchen Umständen lebensgefährlich. Nach dem Schnee-armen Winter und nun Ende Juli 2017 sind allerdings keinerlei Schneerückstände mehr in der Wegrinne vorhanden.
Prima, denn Steigeisen habe ich keine mehr an Bord.
Nach diesem Bereich geht der Weg langsam in Wiesengelände über, auch wenn er weiter zwischen 2.300 und 2.400 Meter Höhe verläuft. Schafe sind am Weg anzutreffen, Murmeltiere schauen aus ihren Löchern und unterhalb grasen Kühe.
Immer wieder geht es zwischendurch über Blockwerk in Steinschlagrinnen und immer wieder auf und ab am Hang entlang.
Dann kommt die Hagener Hütte auf einem Sattel auf knapp 2.500 Metern in Sicht (Grenze Kärnten - Salzburger Land) und es wird spannend: Die drei Wiener haben mir am Vorabend eröffnet, daß ausgerechnet heute eine Veranstaltung auf der Hagener Hütte stattfindet und es voll und laut werden könnte, sie aber vom Wirt den Winterraum zugesagt bekommen haben. Mal sehen, ob ich da auch noch Platz finde ...
Bereits um 14:15 komme ich auf der Hütte an, wo einiges los ist und drei Einheimische mit Gitarren und Quetsche zünftige Musik machen.
Der Junior führt mich gleich in den großen Winterraum (10 Schlafplätze) und zeigt mir die Dusche. Perfekt !
Auf der 2010-2012 zuletzt groß umgebauten Hütte wird heute das 50-jährige Jubiläum der Wirtsfamilie auf der Hütte gefeiert. Bereits der Vater des jetzigen Senior-Chefs hat die Hütte bewirtschaftet und mit dem Junior steht die dritte Generation ja quasi auch schon in den Startlöchern.
Es geht hoch her, aber am Abend wird es doch nach und nach etwas ruhiger. Ein paar Alkoholleichen müssen immer mal wieder gesucht und ins richtige Bett gebracht werden - aber davon höre ich am nächsten Tag nur, da ich ja separat im Winterraum schlafe.
Begegnungen:
1 Tscheche oder Holländer, der den Ankogel (bei diesem Sauwetter) besteigen will
2 Österreicherinnen kurz vor der Mindener Hütte
5 Münchner Jungs an der Mindener Hütte (haben dort übernachtet und gehen erst gegen 11 Uhr los)
3 Bremer Jungs an der Mindener Hütte (kommen gerade von Hagener)
2.000er:
Lucketörl, 2.379
Hallo Kai,
AntwortenLöschendas ist toll, wie du vorankommst. Ich muss leider 15 - 17 auslassen, sonst schaff ich es nicht rechtzeitig in Bellinzona zu sein. Heute (27. 7.) sitz ich grad im rifugio Malghera und werd im selbigen bivacco nächtigen, um morgen die Schweiz in einem Tag zu durchschreiten.
Lg Volker
Hallo Volker.
LöschenSchön von Dir zu hören !
Zum Thema voran kommen: Du weißt noch nicht, welch faulen Lenz ich mir heute gemacht habe, nach dem gestrigen Schneesturm im Aufstieg zur Glorer Hütte.
Schöne Grüße aus Osttirol,
Kai.