Ich zögere den Abmarsch hinaus, aber irgendwann gegen 8:30 mache ich mich dann doch los und hoffe, daß der Übergang auf gut 2.300 Metern noch begehbar ist. Eine Stunde vorher hatten sich bereits die drei Niederländer auf die Socken gemacht, die ich gestern ja überholt hatte. Die meisten anderen sitzen noch abwartend und unschlüssig auf der Gollinghütte im Warmen.
So schlimm ist der Regen zuerst gar nicht: Auf knapp 1.700 Metern lassen sich die Temperaturen mit Anorak und Regenhose aushalten und die Niederschläge sind auch nicht extrem stark.
Daß allerdings am Rande des Kessels der Steinwenderalm am Talschluß ein Zelt steht, erstaunt mich dann doch und läßt mich gleich an die Hundehütte von Frank_Z denken. Aber in dieser Höhe, bei diesem Wetter und diesen Temperaturen ... ?!
Dann geht es über einen Pfad steiler und kontinuierlich bergauf in Richtung Gollingscharte. Der Übergang ist auf 2.326 Metern, die Sicht ist nicht gut, aber immerhin liegt sie bei ca. 50 Meter. Ab 2.100 Metern geht der Regen in Schnee über. Weitere 50 Höhenmeter höher, kommen mir drei schwarze Gestalten aus dem Schneetreiben entgegen: Einer der Holländer hat es mit der Angst zu tun bekommen und so haben sie noch vor der Scharte und wahrscheinlich nicht weit vor mir umgedreht, denn als ab 2.200 Metern immer öfter eine geschlossene Schneedecke die Steine bedeckt, sind keinerlei Spuren mehr zu sehen.
Der Schnee bleibt nun zunehmend liegen, allerdings sind es nur ca. 5 cm und es ist sehr naßer Schnee, der beim treten zu Matsch wird. Die Temperaturen liegen noch deutlich über der Nullgrad-Grenze und auch in der Nacht kann es hier nicht richtig kalt gewesen sein, da nirgends Eis zu finden ist und die Niederschläge sonst in mehr Schneehöhe hätten resultieren müssen.
Ich gehe also vorsichtig weiter und erreiche nach 2:15 h die Scharte. Dort hole ich doch mal Mütze und Handschuhe raus, denn nun sind die nassen Finger schon recht kalt geworden.
Der Blick in den Abstieg auf der anderen Seite gen Südwesten ist erstmal etwas abschreckend: Alles weiß, kein Weg oder Markierung sichtbar und deutlich mehr Schnee als auf meiner Aufstiegsseite.
Hinzu kommt im oberen Bereich offensichtlich ein zugeschneites Altschneefeld.
Laut GPS geht der Weg von der Richtung her über die Scharte weiter und beim Lesen des Geländes erscheint ein Abstieg über das Schneefeld in einer Geländerinne am plausibelsten.
Ich spure also vorsichtig bergab, denn der Neuschnee hat natürlich keine Bindung zum alten Schnee darunter, aber immerhin ist die Unterlage nicht steifgefroren, sondern relativ weich, so daß es sich gut gehen läßt.
Etwas tiefer ist dann der Weg wieder zu erahnen und ich spure vorsichtig durch den Schneesturm weiter bergab.
Auf 2.100 Meter ist der Spuk dann vorbei und ich kann auf der anderen Seite des großen Kessels sogar bei besserer Sicht nun die Landawirseehütte erkennen, die sich als Zwischenziel für eine Mittagseinkehr und Zwischentrocknung anbietet. Zuerst gilt es noch, Göriachwinkel abzusteigen und von dort über den Fahrweg bis zur Hütte wieder aufzusteigen. Unterwegs kommt mir eine kleine Herde Schafe entgegen. In Island markiert das wohl das Ende des Sommers, wenn die Schafe von sich aus, vom Berg kommen.
Nun, hier will das hoffentlich nichts heißen, denn ich erwarte den Sommer ja in den nächsten Tagen zurück !
Kurz nach 12 Uhr erreiche ich die gut eingeheizte Hütte mit extra Trockenstange und Kleiderbügeln am Kachelofen und die Schuhe darf man auch noch obendrauf stellen.
Bei einem Kaiserschmarrn läßt es sich gut aushalten.
Eine knappe Stunde nach mir erscheinen dann auch noch Katja und Mann, die beiden Speed-Österreicher, die sich doch noch dazu durch gerungen hatten, durch das schlechte Wetter der einsamen Spur des einsamen Mohikaners durch den Schnee in 2,5 Stunden von Hütte zu Hütte zu folgen. Zwischenzeitlich hatten sie sich wohl gefragt, was sie da eigentlich machen, sie hatten auch keine Ahnung, wie hoch sie waren und waren über meine Spur extrem dankbar, denn sonst hätte die Wegfindung wohl eine Herausforderung darstellen können.
Wir waren dann die einzigen drei, welche an jenem Tag über die Gollingscharte sind, denn alle Aspiranten in die Gegenrichtung waren auf der Landawirseehütte gestrandet.
Gegen 15:00 Uhr muß ich mich doch mal auf den Weiterweg über die etwas niedrigere und schneefreie Trockenbrotscharte machen. Anfangs sehe ich die beiden Österreicher noch vor mir, später nur noch aus der Ferne und als ich auf der Keinprechthütte ankomme, bekomme ich nur noch schöne Grüße von den beiden ausgerichtet, da sie nun doch - entgegen der letzten Pläne - weiter gegangen sind.
Die Hütte ist etwas kleiner und richtig voll, da wohl eine richtig große Gruppe mit um die 20 Leute da ist. Ich bekomme ¨nur¨ ein Zimmer. Nicht schlimm :-)
Bis auf Wanderhose und Hemd hatte ich zwar schon alles auf der Landawirseehütte mal trocken bekommen, aber mittlerweile sind die Sachen bzw. die gewechselte zweite Wanderhose auch noch am Bund naß.
Kurz kann man nun immer wieder blauen Himmel sehen, aber frisch ist es draußen. Mal sehen, wie morgen Früh der Wetter- und der Trocknungs-Status ist, denn einen Kachelofen und Trockungsmöglichkeiten hat es hier nicht und das Zimmer ist auch recht frisch.
Begegnungen:
3 Niederländer (entgegen kommend)
8 Schafe (entgegen kommend)
Katja und Mann
Bäuerin mit Wanderpartner
2 Murmeltiere
3 Kaninchen (freilaufend an der Hütte)
2.000er:
Gollingscharte, 2.326
Trockenbrotscharte, 2.237
Wenn ich mich richtig erinnere war es als wir Frank Z.s Hundehütte sahen auch nicht wesentlich über Null Grad... ;-)
AntwortenLöschenDa kann ich als Sommercamperin nur staunen
Kann mich gar nicht erinnern, dass es da so kalt war.
AntwortenLöschenDie Hundehütte hat aber auch schon eine warme Geovesterübernachtung bei geschlossener Schneedecke im FORT hinter sich.
Mein negativer Temperaturrekord morgens vorm 2-Mann Zelt war allerdings -21 °C beim Eisklettern. Die erste Nacht ging, in der zweiten hatte der Zeltpartner schon den als zusätzliche Decke dienenden extra Daunenschlafsack "gehortet" und ich habe bei -18 °C vorm Zelt etwas gefroren. An den Füßen ging es, das Fußteil von meinem Schlafsack hatte ich in meine Daunenjacke gesteckt, dazu noch Daunenfüßlinge.
Negative Temperaturrekorde im November 2014 auf Vancouver Island mit Tarp (bis -6 °C) waren auch interessant, da war ich nicht wirklich drauf eingestellt, auch 2 Paar dünne Handschuhe übereinander beim Radeln waren nicht wirklich angenehm.